Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2017: Forum

„Wir setzen auf eine anspruchsvolle Qualitätssicherung“

Interview mit Dr. Marianne Dörr zur Gründung von „Tübingen University Press“

Die Universität Tübingen hat mit „Tübingen University Press“ (TUP) vor kurzem einen eigenen Verlag gegründet. Karl G. Rijkhoek hat dazu Dr. Marianne Dörr, die Direktorin der Universitätsbibliothek Tübingen, interviewt.

Die Universität Tübingen hat mit „Tübingen University Press“ (TUP) vor kurzem einen eigenen Verlag gegründet. Macht es Sinn, im Internetzeitalter noch einen Buchverlag aufzumachen?

Die Gründung unseres Verlages ist kein singuläres Phänomen, sondern wir sind Teil einer breiten Bewegung, auch international. Man könnte geradezu von einer zweiten Gründungswelle von Universitätsverlagen sprechen. Ursache dieses Phänomens ist die Tatsache, dass sich die kommerzielle Verlagswelt in Deutschland und Europa seit einigen Jahren massiv verändert. Dies hat zur Folge, dass es für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer schwieriger wird, insbesondere Monographien mit kleineren Auflagen noch zu veröffentlichen und dies zu finanzieren. Auch wurden wir immer wieder mit Klagen konfrontiert, dass selbst große Verlage nicht mehr bereit seien, ein Lektorat und eine gute Autorenbetreuung zu bieten.

Und diese Lücke wollen Sie schließen?

Der Anstoß zur Gründung von TUP kam von Wissenschaftlern an der Universität Tübingen selbst. Wir springen in eine Bresche, um wissenschaftliche Publikationen auch für sehr spezialisierte Themen zu ermöglichen. Und: wir nehmen niemandem etwas weg, weil wir eine Dienstleistung anbieten, die am Markt so kaum noch oder nicht mehr verfügbar ist.

Welche Fachgebiete soll der Verlag thematisch abdecken?

Vom Prinzip her ist das Portfolio unbegrenzt. Ich gehe aber davon aus, dass vor allem die Geistes- und Sozialwissenschaften unser Angebot wahrnehmen werden und in diesen beiden Bereichen schwerpunktmäßig die so genannten Kleinen Fächer. Die Erfahrung an anderen Universitätsstandorten zeigt allerdings, dass ein Universitätsverlag selbst für die Natur- und Technikwissenschaften interessant sein kann.

Wie streng werden Sie beim Thema Qualität sein?

Tübingen University Press ist ein Universitätsverlag, aber er ist explizit kein Hausverlag. Das heißt, wir setzen bei TUP konsequent auf eine anspruchsvolle Qualitätssicherung. Jede Publikation wird einem double blind peer review unterzogen und zwar nicht innerhalb der Universität, sondern extern. Nun gibt es Publikationen, die sich für ein derartiges Review-Verfahren nicht eignen. Dazu gehören etwa Abschlussberichte von Verbundvorhaben oder auch Tagungsbände. Für derartige Publikationen haben wir eine zweite, auch optisch eigenständige Produktlinie namens „Tübingen Library Publishing“ (TLP) ins Leben gerufen. Hier können Bücher publiziert werden, bei denen die herausgebenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ihrem guten Namen für die Qualität einstehen.

Wie sieht es aus mit wissenschaftlichen Zeitschriften?

Das hatten wir in der Tat zunächst nicht geplant, obwohl wir bereits eine technische Plattform für Online-Zeitschriften betreiben. Jetzt aber erhalten wir auch Anfragen, Fachzeitschriften bei TUP zu betreuen. Wir stehen dem offen gegenüber und sind inzwischen mit den Herausgeberinnen und Herausgebern von mehreren Zeitschriften, u.a. aus einem interdisziplinären Vorhaben und aus den Theologien, im Gespräch. Insofern zeichnet sich ab, dass wir auch für Zeitschriften künftig Verlagsdienstleistungen anbieten werden, allerdings nur im Rahmen einer elektronischen Publikation.

Welche Politik werden Sie fahren im Hinblick auf Open Access?

Alles, was TUP und TLP veröffentlichen, wird auf alle Fälle Open Access sein, das heißt die elektronische Fassung ist jeweils kostenlos und online verfügbar.

Aber wer kauft Ihnen dann noch das gedruckte Exemplar einer solchen Veröffentlichung ab?

Das funktioniert, wenn Sie moderne Produktionsmethoden nutzen und dadurch den Preis in einem vernünftigen Rahmen halten. Tübingen University Press hat vor wenigen Tagen eine Monographie aus der Numismatik veröffentlicht. Trotz Hardcover und hochwertiger Aufmachung kostet dieses Buch nur 27 Euro. Bei einem solchen Preis wird der Kauf eines gedruckten Werkes wieder attraktiv, beispielsweise für Wissenschaftler, die nicht das ganze Buch am Bildschirm lesen wollen. Darauf setzen wir.

Inwiefern helfen da moderne Produktionsmethoden?

Moderne Digitaldruckmaschinen können heute eine Qualität erreichen, die sich kaum noch vom Offsetdruck unterscheidet. Der Digitaldruck bietet aber zugleich den Vorteil, auch kleine Auflagen sehr günstig zu produzieren. Die Digitalverfahren erlauben es inzwischen, ein Buch innerhalb weniger Stunden herzustellen. Dadurch brauchen Sie keine Lagerhaltung mehr. Darüber hinaus sind in den vergangenen Jahren mehr und mehr spezialisierte Dienstleister entstanden, die wir als externe Partner etwa für den Vertrieb einsetzen können. Dies funktioniert kostengünstig und sogar bei sehr kleinen Auflagen.