Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2018: Alumni Tübingen

Im Interview: Das Führungsteam der Alumni-Tübingen Regionalgruppe Ravensburg

Vor 15 Jahren wurde die Regionalgruppe gegründet

Seit 15 Jahren besteht die Regionalgruppe Ravensburg der Tübinger Alumni. Susanne Caillet und Joachim Güntzel haben sie mitgegründet, Michael Streich ist seit 2017 im Führungsteam dabei. Simona Steeger hat mit ihnen über ihre Zeit in Tübingen, ihr Studium und über die Pläne der Regionalgruppe gesprochen.

Professor Dr. Joachim Güntzel studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität Tübingen, wo er 1988 sein Studium abschloss. Es folgten Stellen als wissenschaftlicher Angestellter an der Universität Bamberg und am Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung in Tübingen. 1993 wechselte er in das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau in Bonn.1994 promovierte Joachim Güntzel an der Universität Tübingen, seit 1995 ist er Professor für Volkswirtschaftslehre an der Dualen Hochschule Ravensburg. Er hatte zahlreiche Lehraufträge an mehreren Hochschulen und arbeitet überdies als freier Autor und Schriftsteller.

Gemeinsam mit Rechtsanwältin Susanne Caillet und dem inzwischen leider verstorbenen Chefarzt Dr. med. Ulrich Hirche gründete Joachim Güntzel die Regionalgruppe Ravensburg der Tübinger Alumni.

Rechtsanwältin Susanne Caillet, LL. M., studierte an den Universitäten Freiburg und Tübingen Rechtswissenschaft, Abschluss mit dem ersten juristischen Staatsexamen. Auf die Referendarzeit und das zweite juristische Staatsexamen folgte ein Postgraduate Studium an der University of Glasgow/Schottland mit dem Abschluss Master in Laws (LL.M.). Susanne Caillet ist seit über 25 Jahren als Rechtsanwältin tätig, daneben Lehrtätigkeit an mehreren Hochschulen und in der Referendarausbildung.

Professor Dr. Michael Streich studierte Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Bamberg (1. Semester) und Tübingen mit Abschluss zum Diplom-Kfm. (1992). Danach folgten Stellen als wissenschaftlicher Assistent an den Universitäten Tübingen (Promotion 1996) sowie Konstanz. Parallel dazu war er in Marktforschungsprojekten tätig. Seit 2002 ist er Professor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Ravensburg, schwerpunktmäßig im Studiengang BWL-Messe-, Kongress- und Eventmanagement. Hauptlehrgebiete sind Marketing und Marktforschung. Seit Dezember 2017 vervollständigt er das Führungsteam der Ravensburger Alumni.

Welche Erinnerungen verbinden Sie mit Ihrem Studium in Tübingen?

Joachim Güntzel: Tübingen ist für mich mit vielen schönen Erinnerungen verbunden. Das idyllische Stadtbild mit der verträumten Neckarfront; verwinkelte Gässchen, in denen noch der Hauch vieler Geistesgrößen vergangener Zeiten spürbar ist; beschauliche Cafés, in denen manchmal die Zeit stehen bleibt und manchmal viel zu schnell vergeht… In der imposanten Neuen Aula habe ich Vorträge von Walter Jens, Hans Küng und Carl-Friedrich von Weizsäcker hören dürfen, in späteren Jahren auch von Tony Blair und Helmut Schmidt.

Das Studium in seiner vollen Breite und seinen nahezu endlosen Möglichkeiten mit Blick auf inhaltliche Schwerpunkte und mögliche berufliche Perspektiven war immer anspruchsvoll und herausfordernd. Und der Tellerrand war sehr weit gefasst. Es gab damals eine „Tübinger Tradition“ der Volkswirtschaftslehre, die mich stark geprägt hat. Und nicht zuletzt: Tübingen war in dieser Zeit – nach schmerzhaften Verlusten im familiären Umfeld – so etwas wie Heimat für mich.

Susanne Caillet: Meine persönliche Beziehung zu Tübingen war immer schon eine besondere. Als gebürtige Tübingerin habe ich mich sehr gefreut, nach vielen Jahren in die vom allgegenwärtigen akademischen Geist umwehte Stadt mit der schönen historischen Altstadt und der ehrwürdigen Universität zurückzukehren. Von nachhaltiger Bedeutung war für mich die Verbindung von exzellenter Forschung und ausgezeichneter Lehre an der juristischen Fakultät, ebenso der akademische Austausch zwischen den Fakultäten und das "Studium Generale". In besonderer Erinnerung geblieben sind mir die ausgezeichneten Vorlesungen bei Prof. Dr. Dr. h.c. Georg Sandberger, später Kanzler der Universität Tübingen, und Prof. Dr. Dr. h.c. Wernhard Möschel.

Michael Streich: Ganz viele und vor allem positive. Zum einen erinnere ich mich gerne an das besondere Flair der Universitätsstadt im Ganzen, zum anderen an die ehrwürdige Universität im speziellen. Das studentische Leben sowie einige besondere Vorlesungen und Seminare, zum Beispiel von Professor Pohmer während der deutschen Wiedervereinigung, blieben mir besonders im Gedächtnis. Und natürlich das Seminarhaus in Oberjoch.

Mit welcher Motivation haben Sie, Frau Caillet und Herr Güntzel, die Ravensburger Alumni-Regionalgruppe mitgegründet?

Güntzel/Caillet: Wir hatten damals die Vorstellung eines Ravensburger „Studium Generale“ nach Tübinger Vorbild. Deshalb haben wir immer versucht, anspruchsvolle Themen mit passenden Referenten zu finden. Ein bloßer Ehemaligen-Stammtisch wollten wir nicht sein, auch wenn nach einer abendlichen Veranstaltung das Gesellige natürlich nicht zu kurz kommen sollte. Alles in allem hat dieses Konzept seit der Gründung am 11. Februar 2003 mit dem damaligen Rektor der Universität Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Schaich sehr gut funktioniert.

Seit Dezember 2017 sind auch Sie dabei, Herr Streich. Wie kam es dazu und was ist Ihre Motivation?

Streich: Es war im Grunde wie bei jedem dieser Ämter. Man trifft sich zufällig und kommt mehr oder weniger zufällig auf das Thema. Und schon ist man dabei. Viel zu überlegen gab es jedoch nicht. Ich bin zwar noch im Vorstand zweier anderer Vereine, u. a. in einem selbst gegründeten Förderverein für ein Waisenhaus in Sri Lanka, was doch einige Zeit erfordert, aber der Aufwand für das neue Amt hält sich soweit in Grenzen, dass die Bindung an die Uni Tübingen überwog.

Welche Angebote organisieren Sie? Gibt es schon Pläne für kommende Veranstaltungen?

Güntzel/Caillet/Streich: Ja, die gibt es! Nach dem Blick hinter die Kulissen des Wolfegger Schlosses denken wir an eine weitere „Hinter den Kulissen“-Veranstaltung, etwas Genaueres können wir dazu aber noch nicht verraten. Für den Oktober planen wir einen Vortrag zum Thema „Menschenbild der ökonomischen Theorie“ mit anschließender Lesung von Joachim Güntzel selbst. Er wird dabei aus seinem Buch „Am Anfang war der Mensch“ lesen und danach auch eine oder zwei seiner veröffentlichten Kurzgeschichten vortragen.

Was ist für Sie die wertvollste Erfahrung aus Ihrem Studium an der Universität Tübingen – für das Leben und Ihren Beruf?

Güntzel: Sich selbst treu zu bleiben, sowohl was die Studienwahl als auch was die Entscheidung für bestimmte Schwerpunkte im Studium betrifft. Nicht mit der Masse zu schwimmen, denn in der Masse wird es schnell furchtbar eng. Weiter zu machen, auch wenn es schwierig wird – aber ohne sich selbst zu verleugnen. Nie die Kopie von jemand anderem sein zu wollen, sondern immer das Original von sich selbst. Nur so kann man sich wirklich weiter entwickeln, etwas „erreichen“ (was auch immer das für den Einzelnen bedeuten mag) und – wenn es gut läuft – auch noch Spaß dabei haben.

Caillet: Eigenverantwortliches, strukturiertes wissenschaftliches Arbeiten in den entsprechend dem persönlichen Interesse ausgewählten Themenfeldern, das die Basis bildet für die spätere Berufstätigkeit und die Umsetzung in der Praxis.

Streich: Zunächst mal die Eigenverantwortlichkeit. Im Gegensatz zur Dualen Hochschule, an der ich derzeit tätig bin, muss man an der Universität seine Dinge selbst regeln bzw. herausfinden. Wo finden welche Veranstaltungen statt, wie organisiere ich es, wenn Veranstaltungen zeitgleich stattfinden etc. Hinzu kommt das strukturierte Denken. Auch wenn man später bestimmt einen Großteil des erlernten Stoffes nicht mehr oder nur teilweise benötigt, die Fähigkeit zum Lösen komplexer Aufgaben bleibt.

Was raten Sie heutigen Studierenden im Hinblick auf Studium und Berufswahl?

Güntzel: Es gibt unendlich viele Wege, die man beschreiten kann, und oft fällt einem die Auswahl sehr schwer. Egal wie man sich entscheidet - eine gewisse Flexibilität sollte man sich dabei immer bewahren, denn nicht alles lässt sich steuern und manchmal steht man unvermittelt an einer Weggabelung. Dann sollte man lernen, auf seine innere Stimme zu hören und ihr zu vertrauen.

Caillet: Eigenes Interesse und Engagement sind nach wie vor der Schlüssel zu einem erfolgreichen akademischen und beruflichen Werdegang. Daher rate ich den Studierenden, die eigenen Präferenzen im Studium zu vertiefen, aber auch das breite akademische Angebot während der Studienzeit zu nutzen. Und: Lernen endet nicht mit Abschluss des Studiums, es ist ein lebenslanger Prozess.

Streich: Das ist nicht mehr so einfach zu beantworten wie früher. Die aus meiner Sicht falsche politische Entscheidung, Bachelor- und Masterstudiengänge einzuführen, hat meines Erachtens zu mehr Druck auf die Studenten geführt. Die Flexibilität und damit auch die Möglichkeit, seinen persönlichen Rhythmus zu leben, sind dadurch stark eingeschränkt worden. Gleichzeitig nehmen die Ansprüche seitens der Arbeitgeber zu. Von daher sollte viel genauer geschaut werden, wo liegen meine Interessen und Stärken, damit man das Studium entsprechend bewältigen kann und im Anschluss eine Tätigkeit im gewünschten Bereich findet. In diesem Zusammenhang würde ich dringend zu Praktika, wenn auch nur kurzen, raten, um frühzeitig zu erkennen, ob die Studieninhalte sowie das spätere Arbeitsumfeld so sind, wie man es sich vorgestellt hat.