Institute for Astronomy and Astrophysics

Feinwerkmechanik - Impressionen aus der Ausbildung

Hier stellen die Auszubildenden der verschiedenen Lehrjahre die unterschiedlichen Arbeitsbereiche dar.

aus dem 1. Lehrjahr Luis Autenrieth

aus dem 3. Lehrjahr Chantal Gutte

 

1. Lehrjahr Feinwerkmechanik

Grundlehrgang "Schraubstock"

Der Grundlehrgang "Schraubstock" ist der Einstieg in die Lehre als Feinwerkmechaniker am Institut für Astronomie und Astrophysik. Der Schraubstock ist ein Projekt (Werkstück), welches alle grundlegenden Tätigkeiten (Fähigkeiten) eines Feinwerkmechanikers beinhaltet. Ich selber bin im zweiten Jahr eingestiegen und habe diesen Lehrgang als Wiederholung gemacht. Dennoch hat dieser Lehrgang mir trotz meines Vorwissens ein tieferes technisches Verständnis sowie neue Techniken bei bereits gelernten Tätigkeiten beigebracht. Diese Tätigkeiten umfassen das Feilen, Sägen, Fräsen und Drehen von Werkstücken sowie das Bohren, welches durch genaue Positionierung, genaue Bohrtoleranzen und Gewinden zu einer schwierigen Angelegenheit wird. Diese sind jedoch mit der Hilfe der hilfsbereiten und netten Kolleg:innen sowie mit der Kompetenz und Erfahrung des Meisters (Ausbilder) gut machbar und machen darüber hinaus auch Spaß. Der Lehrgang beinhaltet jedoch nicht nur praktische Tätigkeiten. Er ist auch gespickt mit theoretischen Aufgaben, welche sich nicht nur am Rahmenplan, sondern auch an dem aktuellen Schulstoff orientieren. Dazu gehört auch das technische Zeichnen am Computer, mit Hilfe des Programm Solid-Works. Da es eine Abwechslung zu dem alltäglichen Arbeiten ist, mache ich das sehr gerne. Bei einigen Werkstücken werden Arbeitsfolgen geschrieben. Dies ist sehr wichtig, da diese Arbeitsfolgen typisches Prüfungsmaterial sind. Daher ist es um so besser, dass diese mit dem Meister durchgesprochen und ggf. verbessert werden. Ich persönlich finde, dass der Grundlehrgang “Schraubstock“ der perfekte Einstieg für mich in die Ausbildung am Institut (für Astronomie und Astrophysik) war und auf nachfolgende Projekte Lust macht.

Luis Autenrieth
1. Lehrjahr  - Sommer 2021

3. Lehrjahr Feinwerkmechanik

Werkstück Stirlingmotor

Der Stirlingmotor ist eine alte Wärmekraftmaschine, welche auf dem Prinzip der schnellen Ausdehnung und Abkühlung von Luft beruht. Der große Vorteil des Stirlingmotors ist, dass er mit fast jeder Wärmequelle betrieben werden kann. Oftmals wird anstelle von Luft Helium (wegen der besseren Wärmeleitfähigkeit) verwendet.

Die Geschichte der Entwicklung

Der 26jährige schottische Priester Robert Stirling, geb. 25. Oktober 1790, erfand den später nach ihm benannten Stirlingmotor. Zu dieser Zeit wurden explosionsanfällige Dampfkessel für den Antrieb der Wasserpumpen in Kohlegruben genutzt, was zu vielen Unfällen führte. Um hier eine sicherere Alternative zu schaffen, meldete er 1816 ein Patent für eine Heißluftmaschine an, welche er 1818 weiterentwickelte. Diese Wasserpumpe wurde zwei Jahre lang als Wasserpumpe im Bergbau in Ayrshire, Schottland eingesetzt.
Wegen der mangelnden technischen Nebenkomponenten (Dichtungen, Wärmetauscher, Getriebe) wurde der Stirlingmotor dennoch nicht sehr erfolgreich. Starke Dampfmaschinen, Gas- und später Benzinmotoren, verdrängten ihn dann fast völlig. Erst im 20. Jahrhundert nahmen sich Techniker von Philips©, auf der Suche nach einem geeigneten Generatorantrieb für Rundfunkanlagen, dieses Prinzips wieder an. Bis heute wurde der Stirlingmotor verbessert und auf einen hohen Standard gebracht.
Bei einem Wirkungsgrad von bis zu 45% (Benzinmotor ca. 25%) ist der Motor sehr sauber, das bedeutet, dass der eingesetzte Treibstoff fast vollständig genutzt werden kann. Zudem liegt die Geräuschentwicklung um rund 40 Dezibel unter der eines vergleichbaren Dieselmotors. Der Stirlingmotor ist für eine gut zehnmal längere Laufleistung als ein Benzinmotor konstruiert. Dabei verbraucht er kein Öl, muss selten geschmiert werden und arbeitet auch in staubiger und sandiger Umgebung gut. Er könnte als alternativer Kraftfahrzeugantrieb mit besonders geringer Schadstoffausscheidung eingesetzt werden.
Es gibt einige Gründe warum sich der Stirlingmotor nicht gegen Diesel- und Benzinmotoren durchsetzen konnte. Durch die aufwändige und somit kostenintensive Technik ist er im Vergleich zu unseren herkömmlichen Motoren teurer. Auch ist ein größerer und schwereren Kühler für die Funktion notwendig, was zusätzliche Einschränkungen für die Nutzung bedeutet. Außerdem lag der Schwerpunkt für Weiterentwicklung und Verbesserung viele Jahre hauptsächlich bei Diesel- und Benzinmotoren.

Grundfunktion des Stirlingmotors

Das Prinzip ist einfach: Der Stirlingmotor funktioniert durch die Ausdehnung und Abkühlung von Luft. Diese befindet sich in einem geschlossenen Kreislauf, daher wird dieselbe Luft immer wieder verwendet.

Und wenn das jetzt zu einfach klingt, dann folgt nun der Teil, welcher in der Ausbildung erlernt werden kann:

Technische Funktionsbeschreibung

Durch das Anzünden des Brenners 24/25 erhitzt sich die Luft, die sich zwischen den beiden Gläsern 32/33 befindet. Die Luft verändert ihr Volumen, sie dehnt sich aus, wodurch sie den Kolbenträger 10 nach hinten verdrängt. Durch das Verdrängen des Kolbenträgers 10, welcher durch Kolbenstange 11 und Tauchkolbenpleuel 23 verbunden ist, wird außerdem die Kurbelscheibe 14 angetrieben. Die Bewegung wird durch Balancierpleuel 22 und Balancier 17 auf den Arbeitskolbenpleuel 19 übertragen.
Zeitgleich führt die Luft durch Schraube 2 und Säule links 3 und anschließend durch die Stutzen 26 und den Verbindungsschlauch 30 in den Zylinder 5. Im nächsten Schritt wird die Luft durch die Kühlrippen außerhalb des Zylinders abgekühlt, dadurch sinkt der Druck in der gesamten Baueinheit. Der Kolben 21 wird durch den Arbeitskolbenpleuel 19 nach unten zurückgeschoben und presst somit die Luft wieder zusammen. Somit wird dieselbe Luft immer wieder verwendet. Anschließend wird durch die Bewegung die Kurbelscheibe 14 angetrieben. Diese ist mit einem weiteren Passstift, der durch den Lagerbock 12 führt, mit der Lagerbuchse 13 und dem Schwungrad 15, verbunden. Somit kann sich das Schwungrad, das durch verschieden große Bohrungen zum Erzeugen einer Unwucht gefertigt wurden, drehen. Die Position der Bohrung des Schwungrads wird durch einen Gewindestift eingestellt.
Der komplette Durchlauf findet binnen Sekunden statt und wiederholt sich so lange, bis die Wärmequelle versiegt, also bis die Temperatur zwischen den beiden Gläsern zu niedrig wird und die Luft sich deshalb nicht mehr ausreichend ausdehnen kann.

Fertigung

Für den Bau eines solchen Stirlingmotor-Modells ist die wesentliche Voraussetzung, eine solche Zeichnung lesen zu können. Selbstverständlich sind dann die grundlegenden Ausbildungsqualifikationen eines Feinwerkmechanikers an unterschiedlichsten Maschinen und mit verschiedenen Werkzeugen erforderlich:
•    Präzises und sauberes Arbeiten
•    Konventionelles Drehen
•    Konventionelles Fräsen
•    Fräsen an einer CNC-Maschine
•    Feilen
•    Polieren
•    Kenntnisse in technischer Mathematik
•    Einstellen und Justieren
•    und gegebenenfalls Fehlersuche
Ergänzend ist Fachkenntnis im Umgang mit unterschiedlichen Metallen und hier auch mit anderen Materialien wie Holz und Glas notwendig. Das Hauptaugenmerk beim Bau dieses Werkstücks liegt auf der Ausführung mithilfe der konventionellen Fertigung.
Folgende Fertigteile wurden bereitgestellt: Docht  41, Verbindungsschlauch 30, Isolator 31, Passstifte 28 und Schrauben, wobei Passstifte und Schrauben teilweise gekürzt werden mussten.

Herausforderungen bei der Fertigung

Die Herausforderung bei der Fertigung des Stirlingmotors liegt in der Passgenauigkeit der Maße. Die Teile werden mit und als sogenannte Passungen gefertigt. Diese geben die Maßtoleranz, z.B. das Spiel zwischen zwei Bauteilen an. Oftmals liegen diese Passungen im Hundertstelbereich (0,01 mm).
Bei der Fertigung der Bauteile ist zu beachten, dass die Passungen der Bauteile optimal aufeinander abgestimmt werden.
Das bedeutet, dass die Passung nicht zu eng sein sollte, da die Teile sonst aneinander reiben und der Stirlingmotor schwer laufen würde, da er mehr Kraft für eine Bewegung benötigt.
Sind die Passungen jedoch zu weit, dichten die Bauteile nicht ab und der Stirlingmotor funktioniert nicht. Daher müssen die Teile aneinander angepasst werden. Zudem ist die genaue Justierung der einzelnen Bauteile entscheidend für die Funktion. So müssen die beiden Gläser, die eigentlich Laborgläser sind, ausgerichtet werden, da diese ansonsten aneinander reiben würden.
Das Schwungrad wird bereits mit einer Unwucht in Form einer kleineren Bohrung gefertigt. Nun muss es mit Hilfe des Gewindestifts richtig eingestellt sein, um den Schwung für das Antreiben des Kolbens optimal ausnutzen zu können und dadurch das Glas nach vorne zu drücken.
Auch die Reihenfolge der Fertigung muss beachtet werden, da alle Teile präzise aufeinander angepasst werden müssen. Zuletzt sollte der Stirlingmotor punktuell geölt werden, um die Dichtigkeit und natürlich den einfachsten Lauf zu erzielen.

Chantal Gutte
3. Lehrjahr - Sommer 2022