Uni-Tübingen

attempto online - Research

13.07.2023

Intelligente Gummimaterialien

Forschende der Universitäten Stuttgart und Tübingen entwickeln autonom schaltbare Polymermaterialien, die sich an Bewegungen und wechselnde Umweltbedingungen anpassen können

Intelligentes Gummimaterial, das sich der Umgebungsfeuchte anpasst. Das Armband demonstriert die Fähigkeit, sich an Bewegungen, zum Beispiel eines Handgelenks, anzupassen

Ein weiches Exoskelett zur Unterstützung von Schlaganfallpatienten oder Pflaster zur kontrollierten Abgabe von Arzneimitteln müssen aus Materialien bestehen, die sich intelligent und selbstständig an die Bewegungen der Träger und Trägerinnen sowie an wechselnde Umweltbedingungen anpassen. Materialwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen der Universität Stuttgart und Pharmazeuten und Pharmazeutinnen der Universität Tübingen haben nun gemeinsam autonom schaltbare Polymermaterialien entwickelt, die genau dies leisten können. Über die Forschungsergebnisse berichtet das führende Fachmagazin Advanced Materials Technologies.

In der Publikation „Autonomous Adaption of Intelligent Humidity-Programmed Hydrogel Patches“ demonstrieren die Gruppen um Prof. Sabine Ludwigs (Institut für Polymerchemie) und Prof. Holger Steeb (Institut für Mechanik, MIB) von der Universität Stuttgart sowie Prof. Dominique Lunter (Pharmazeutische Technologie, Universität Tübingen) die Herstellung intelligenter Polymermaterialien. Intelligent bedeutet hier, dass sich die Materialeigenschaften autonom ihren Umgebungsbedingungen anpassen können. Abhängig von Luftfeuchte und Temperatur zeigen die Materialien Steifigkeitsänderungen über mehr als vier Größenordnungen und lassen sich selbst bei großen Deformationen elastisch verformen. Die mechanischen Eigenschaften sind damit für die jeweilige Anwendung einstellbar.

Extrem hohe Anpassungsfähigkeit

Die korrespondierende Autorin Sabine Ludwigs bezeichnet die Materialien als „Intelligente Gummimaterialien“ und ergänzt: „Diese extreme Anpassungsfähigkeit macht unsere Polymere extrem attraktiv für Roboter aus weichen organischen Materialien, wie sie – Stichwort Soft Robotics – beispielsweise in der Biomedizin oder auch bei Such- und Bergungseinsätzen verwendet werden. Auch für intelligente Hautanwendungen wie etwa Exoskelette aus weichen flexiblen Stoffen sind die Polymere sehr gut geeignet.“ Bei beiden Anwendungen muss das Material sowohl schnelle als auch langsame Bewegungen ermöglichen, also einstellbare viskoelastische Eigenschaften aufweisen. „Unser Material kann das“, sagt Holger Steeb.

Die Anpassung an Feuchte und die reversible Wasseraufnahmefähigkeit eröffnen weiterhin den Einsatz als Pflaster für die kontrollierte Arzneimittelfreigabe durch die Haut. Ganz konkret experimentierten die Forschenden mit der Freigabe des Schmerzmittels Diclofenac in einem Hautmodell. „Der Trick besteht darin, dass die Wirkstofffreisetzung als Reaktion auf die veränderliche Feuchte der Wunde, also abhängig vom Wundexsudat, vom Pflaster selbst gesteuert wird“, erklärt die Tübinger Pharmazie-Expertin Dominique Lunter.

Fachlicher Kontakt:

Prof. Sabine Ludwigs
Universität Stuttgart
Institut für Polymerchemie
+49 711 685 64441
sabine.ludwigsspam prevention@ipoc.uni-stuttgart.de 

Prof. Holger Steeb
Universität Stuttgart
Institut für Mechanik
 +49 711 685 66029
holger.steebspam prevention@mechbau.uni-stuttgart.de

Pressekontakt:

Andrea Mayer-Grenu
Universität Stuttgart
Hochschulkommunikation
+49 (0)711/685 82176
andrea.mayer-grenuspam prevention@hkom.uni-stuttgart.de
 

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