Uni-Tübingen

Sommeruniversität

Sommeruniversität an der Universität Tübingen heißt, dass Studierende und die interessierte Öffentlichkeit aus einer Serie von neun allgemein verständlichen, aber dennoch forschungsaktuellen und spannenden Vorlesungen aus ganz verschiedenen Fachgebieten auswählen können. Die Sommeruniversität wird organisiert in Zusammenarbeit mit der Universitätsstadt Tübingen und ist Teil des Tübinger Kultursommers.

Die Vorlesungen finden jeweils um 10:15 Uhr im Hörsaal des Theologicums, Liebermeisterstraße 16, statt. Eine Anmeldung ist nicht nötig.

Für Personen mit Hörgerät bieten wir eine mobile drahtlose Signalübertragungsanlage (FM-Anlage) an. 
Einzige Voraussetzung: Das Hörgerät muss mit einer sogenannten „Telefonspule“ (vom Akustiker aktivierte T-Spule) ausgestattet sein.

Dienstag, 29. Juli

Brettspiele und Kolonialismus

Dr. Timo Sedelmeier

Kolonialismus ist ein beliebtes Thema für (Brett-)Spiele, das gerne als Handlungsrahmen verwendet wird. Viele Personen begeistern sich für diese Spiele aufgrund des Unterhaltungswerts, der ihnen wegen der raffinierten Spielemechaniken zugeschrieben wird. Gleichzeitig mehrt sich die Kritik an den beständigen Neuerscheinungen von Spielen mit einer Kolonialisierungsstory und dem Umgang mit dem Thema in den Spielen. Vor diesem Hintergrund geht der Vortrag anhand ausgewählter Fallbeispiele der Frage nach, wie das Thema Kolonialismus umgesetzt wird, ethnische Stereotype reproduziert werden und dies in den einschlägigen Brettspiel-Foren diskutiert wird.

Timo Sedelmeier ist Akademischer Oberrat am Lehrstuhl für Stadt- und Regionalentwicklung der Universität Tübingen. Er hat Geographie und Europäische Ethnologie an der Universität Freiburg studiert und dort 2011 promoviert. Seine Forschungsschwerpunkte liegen insbesondere im Bereich der Sozial- sowie der Nahrungsgeographie.


Mittwoch, 30. Juli

Theresienstadts „schwarze“ und „tiefere“ Geschichte

Prof. Dr. Wolfgang Sannwald

Theresienstadt ist als ehemaliges Ghetto für Menschen jüdischer Herkunft bekannt. Dorthin wurden zunächst auch die meisten „Tübinger Juden“ 1942 bis 1944 deportiert. Das Ghetto umfasste zwischen 1941 und 1945 das komplette Zentrum der heutigen Stadt Terezín in Tschechien, einer ehemaligen habsburgischen Festungsstadt.
Reisebüros bewerben Individualreisen, Busfahrten und vor allem Klassenfahrten zur Gedenkstätte in der Kleinen Festung und zum einstigen Ghetto. Sannwald ist bei fünf Forschungsaufenthalten den dortigen erinnerungskulturellen Bedürfnissen, Zuschreibungen und Aneignungen nachgegangen. Er hinterfragt Symptome einer Konkurrenz zwischen Shoah-Gedenken und Habsburger-Hype vor Ort.

Wolfgang Sannwald ist Kreisarchivar des Landkreises Tübingen und Honorarprofessor am Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen. Seine Schwerpunkte liegen in der Regionalen Kultur und der Erinnerungskultur.


Donnerstag, 31. Juli

Können Alzheimer und Parkinson verhindert werden?

Prof. Dr. Thomas Gasser

Alterserkrankungen des Gehirns, wie Alzheimer und Parkinson, werden insbesondere aufgrund des steigenden Anteils älterer Menschen in unserer Bevölkerung immer häufiger. Ihre Symptome können zwar gelindert, aber ihr Fortschreiten bisher noch nicht verlangsamt oder gar gestoppt werden, eine Heilung scheint nicht in Sicht.
Die Forschung hat in den letzten 20 Jahren viel über die Ursachen dieser Erkrankungen, die Krankheitsprozesse und Mechanismen der Zellschädigung gelernt. Es könnte gelingen, in diese Mechanismen gezielt einzugreifen, wenn die Symptome noch nicht spürbar sind. Dies würde bedeuten, dass häufige Alterserkrankungen des Gehirns, zumindest zum Teil, verhindert werden könnten.

Thomas Gasser ist Ärztlicher Direktor der Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Neurodegenerative Erkrankungen am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und der Neurologischen Klinik des Zentrums für Neurologie der Universität Tübingen. Er wurde im vergangenen Jahr mit dem „2024 Breakthrough Prize in Life Sciences“ für die Entdeckung genetischer Risikofaktoren der Parkinson-Erkrankung ausgezeichnet.


Freitag, 1. August 

Hoffnung ohne Zukunft? - Perspektiven aus der anglistischen Literatur- und Kulturwissenschaft

PD Dr. Gero Bauer

Wir leben, so scheint es oft, in düsteren Zeiten. Eine Krise jagt die nächste, und es stellt sich die Frage, welche Zukunft wir uns als Gesellschaft noch vorstellen können. In der Literatur und Populärkultur spiegelt sich dieses Krisenbewusstsein in vermehrten Endzeitszenarien und einer Abwendung von optimistischen Narrativen. Aber sind dystopische und postapokalyptische Texte ‚nur‘ pessimistisch und haben das Nachdenken über ein gutes oder gar besseres Leben schon aufgegeben? Anhand einiger englischsprachiger Romane, Filme und Serien und in Bezug auf verschiedene Strömungen der Kulturtheorie wird gezeigt, wie gerade scheinbar pessimistische Erzählungen neue und ungewöhnliche Konzepte von Hoffnung und einem solidarischeren Miteinander aufzeigen können.

Gero Bauer ist wissenschaftlicher Geschäftsführer des Zentrums für Gender und Diversitätsforschung der Universität Tübingen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der englischsprachigen Literatur des 19. und 21. Jahrhunderts, mit besonderem Fokus auf theoretischen Zugängen aus den Gender und Queer Studies.


Montag, 4. August 

Auf der Suche nach dem Stein der Weisen. Arabische Alchemie

Prof. Dr. Regula Forster

Die arabische Alchemie ist eine Fortsetzung der griechisch-hellenistischen Alchemie. Sie integriert aber auch chinesische und indische Elemente. Im lateinischen Westen wird die Alchemie erst durch die Übersetzungen aus dem Arabischen bekannt. Die Vorlesung führt ein in eine faszinierende Wissenschaft und ihre Literatur und geht auch der Frage nach, wie traditionelle religiöse Gelehrsamkeit in der arabisch-islamischen Welt mit einer „Geheimwissenschaft“ wie der Alchemie zu vereinbaren war.

Regula Forster ist Professorin für Islamische Geschichte und Kultur an der Universität Tübingen und Prodekanin Forschung der Philosophischen Fakultät. Sie ist auf klassisch-arabische Literatur spezialisiert und hat ein besonderes Interesse für die Geschichte der Natur- und Geheimwissenschaften.


Dienstag, 5. August 

Klimavariabilität und Erdsystemdynamik – wie und was wir für die Zukunft aus der Vergangenheit lernen können

Prof. Dr. Kira Rehfeld

Das Erdsystem verändert sich über Jahrmillionen hinweg. Menschliche Eingriffe über die letzten Jahrhunderte haben die Entwicklung des Klimas in einer nie zuvor gekannten Geschwindigkeit verändert. Mit Klimasimulationen können vergangene Klimaveränderungen beschrieben, verstanden und ein Blick in die Zukunft geworfen werden. Mit Beobachtungsdaten und Rekonstruktionen aus Paläodaten, beispielsweise vor 127 000 Jahren, kann getestet werden, was eine Erwärmung von 1,5 Grad für das Erdsystem bedeutet. Zeitlich bewegen wir uns dabei von der Vergangenheit (seit dem weitgehenden Aussterben der Dinosaurier) bis in die Gegenwart und von den heute zu treffenden Entscheidungen bis in die nächsten 300 Jahre.

Kira Rehfeld ist Professorin für Klimatologie an der Universität Tübingen, angesiedelt am Geo- und Umweltforschungszentrum und Co-Sprecherin des Exzellenzclusters TERRA. Ihre Forschungsinteressen liegen im Bereich der raum-zeit-übergreifenden Klimamodellierung und der Untersuchung von CO2-Entnahme aus der Atmosphäre.


Mittwoch, 6. August 

Lebenswelten muslimischer Geflüchteter in Deutschland

Dr. Abdelghafar Salim

Seit 2015 haben viele Menschen aus islamisch geprägten Ländern in Deutschland Zuflucht gefunden. Ihre Ankunft hat wichtige Diskussionen über Integration und das Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft angestoßen. Dabei wird die Religionszugehörigkeit muslimischer Geflüchteter häufig mit Integrationsherausforderungen verbunden.
Zugleich besteht ein erheblicher Bedarf an vertieftem Wissen über ihre alltäglichen Lebenswelten: Wie gestalten muslimische Geflüchtete ihr religiöses Leben im deutschen Kontext? Welche Rolle spielt Religion im Zusammenspiel mit prägenden Erfahrungen wie Flucht, Traumata und Gefühlen von Unsicherheit? Der Vortrag greift diese Fragen auf und zieht Rückschlüsse für gesamtgesellschaftliche Herausforderungen und die Integrationsdebatte.

Abdelghafar Salim ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Islamische Theologie der Universität Tübingen. Zuvor war er am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle/Saale. Er forscht an der Schnittstelle von Recht, Ethik und praktischer Theologie im Islam.


Donnerstag, 7. August 

Die Insel der Zwergdinosaurier

Dr. Felix Augustin

Wenn wir an Dinosaurier denken, fallen uns zuerst spektakuläre Riesenformen aus weit entfernten Gebieten der Erde ein. Doch kurz vor dem Aussterbeereignis am Ende der Kreidezeit lebten einige der ungewöhnlichsten Dinosaurier aller Zeiten mitten in Europa – auf kleinen Inseln inmitten eines subtropischen Meeres. In diesem Vortrag werden die einzigartigen Dinosaurier aus Transsilvanien vorgestellt.

Felix Augustin arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Geowissenschaften der Universität Tübingen. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Evolution und Ökologie fossiler Wirbeltiere. Sein aktuelles Forschungsprojekt befasst sich mit der Diversität und Paläoökologie der Oberkreide Transsilvaniens – der „Insel der Zwergdinosaurier“.


Freitag, 8. August 

Symmetrien in Mathematik und Allgemeiner Relativitätstheorie

Prof. Dr. Carla Cederbaum

Bereits in der Schule beschäftigen wir uns mit Symmetrien wie etwa der Spiegelsymmetrie ebener Figuren oder der Rotationssymmetrie dreidimensionaler Körper. Diese sind nicht nur ästhetisch, die Symmetrie hilft uns auch, z.B. den Flächeninhalt einer ebenen Figur oder das Volumen eines dreidimensionalen Körpers zu bestimmen. Auch in der mathematischen Forschung spielen Symmetrien eine große Rolle.
Wir werden über die mathematische Definition von Symmetrien sprechen und ergründen, welche Rolle Symmetrien in der (Differential-)Geometrie und Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie spielen.

Carla Cederbaum studierte Mathematik und Physik in Freiburg und Cambridge und wurde 2011 in Berlin promoviert. Anschließend war sie Professorin an der Duke University. Seit 2019 ist sie Lehrstuhlinhaberin in Tübingen. Sie erhielt u.a. den Manfred-Fuchs-Preis der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und den Tübinger Preis für Wissenschaftskommunikation.