Das seit Dezember 2022 laufende Projekt konzentriert sich auf den Pylon-Tempel, aber auch in anderen Bereichen finden Ausgrabungen und Untersuchungen statt, nämlich in der benachbarten Ostraka-Grabung, im Westflügel des frühchristlichen Klosters und in der Siedlung. Unser Kooperationspartner ist das Ministerium für Tourismus und Altertümer in Person von Mohamed Abdelbadia sowie den lokalen Repräsentanten Mohamed Nagib (Inspektorat Sohag) und Sayed Abderrahman (Außenstelle Scheich Hamed). Die großzügige Finanzierung verdanken wir der Deutschen Forschungsgemeinschaft, unterstützt durch die Brunner-Stiftung und die Tübinger Stiftung für Ägyptologie. Das Teilprojekt zur Erforschung der Bildostraka unter der Leitung von Carolina Teotino wird von der Baden-Württemberg-Stiftung finanziert.
Die Grabungsfläche des Pylon-Tempels umfaßt 59 × 57 Meter und erstreckt sich von der Zone vor dem Pylon bis zur Felsfassade am Fuß des Berges. Flinders Petrie legte bereits das Südende des südlichen Pylonturms frei, dazu das Pylontor sowie im Nordturm die Nordkammer und einen kleinen Teil der Südkammer. Das aktuelle Projekt konnte zahlreiche neue Erkenntnisse zum Pylon erzielen.
Im Vorfeld des südlichen Pylonturms fanden sich mehrere Futterstellen und Anbindestellen, die von der Nachnutzung als Stall künden. Dieser Turm, der drei bis sieben Steinlagen hoch erhalten ist, hat auf dieser Höhe keine Innenräume besessen, was solche Räume in den zerstörten oberen Etagen aber nicht ausschließt. Im Pylontor konnten wir Petries Zuweisung der Dekoration an Ptolemaios VIII. bestätigen und durch eine neue Königsdarstellung mit Kartusche ergänzen. Zu dieser gehört auch ein Stiergott, der bislang unbekannt war. In spätrömischer Zeit verkleinerte man das Pylontor, um es ebenso als Stall zu nutzen wie das Pylonvorfeld. Der anschließende nördliche Turm ist der am besten erhaltene Teil des Pylons. In ihm legten wir die mit schweren Deckenblöcken vollständig erhaltene Nordkammer frei, die Flinders Petrie entdeckte aber nicht ausgrub. Eines der beiden Fenster wurde in spätrömischer Zeit zu einem getreppten Eingang umgestaltet, der die Nutzung dieser Kammer und der Südkammer erleichterte. Vermutlich hätte Petrie auch die Südkammer nicht nur teilweise, sondern vollständig ausgraben, wenn nicht ein abgestürzter, über 10 Tonnen schwerer Deckenblock auf der Verfüllung gelegen hätte. Nach dessen Entfernung zeigte sich, daß dieser Raum mit sekundären Nischen versehen wurde und zeitweise als Lager und zur Entsorgung von Amphoren genutzt wurde. Ein zweiter Zugang zur Südkammer erfolgte durch eine neu entdeckte Tür in der Fassade des Nordturms. Ihr Türsturz ist außen mit drei Tatzenkreuzen aus frühchristlicher Zeit versehen worden, während die beiden Innenseiten der Türrahmen eine Dekoration aus der Bauzeit aufweisen: Reliefs von Repit und Min, der von zwei personifizierten Dekansternen begleitet wird. Eine weitere Tür in der Pylonfassade führt in ein bislang unbekanntes Treppenhaus, dessen vier nachweisbare Treppenläufe in mindestens ein Obergeschoß führten. Der knapp über 52 Meter breite Pylon führt nach Westen zum Tempelinneren.
Dort, hinter dem nördlichen Pylonturm, finden sich ungestörte Schichten, d.h. Verfüllungen, die von den bis in die Mitte des 20. Jh. zerstörerisch agierenden Sebachin nicht durchwühlt wurden. Nach der Ausgrabung von knapp über 3 Metern zeigte sich, daß in dieser Zone im 6.-7. Jh. auch Nutztiere gehalten wurden, v.a. Schafe und Ziegen, aber auch Kamele sind nachgewiesen. Eine teilweise erhaltene Hütte mit Futterstellen mehrerer Nutzungsphasen stand im Zentrum.
Im großen Mittelteil des Tempelgeländes kam bislang nur ein bedeutender Befund zum Vorschein. Dieser ist aber von besonderer Qualität und bislang ohne Parallele in Ägypten. Auf zwei Wänden eines Lehmziegelgebäudes zeigen polychrome Malereien marschierende Krieger. Die Nordwand zeigt einen großen Soldaten, wohingegen die Westwand mit zwei Registern mit Soldaten dekoriert ist, in deren Mitte ein doppelt so großer Krieger steht. Diese Truppe trägt römische Militärkleidung und Bewaffnung, wobei der besondere Erkenntnisgewinn demotische Beischriften sind, die bei manchen Männern erhalten sind. Um Idealfall nennen sie den Namen, den Vater, die Heimatstadt und deren Region. Die Art der Kleidung, Bewaffnung und Beischriften weisen auf eine Entstehung im 3. Jh., doch die Namen sind typisch für die lange zurückliegende Dritte Zwischenzeit. Es handelt sich also um noch in der römischen Kaiserzeit verehrte Kriegerhelden des pharaonischen Ägypten.
Vor der Felsfassade kamen bislang nur wenige Bauteile des hinteren Tempelteils aus Kalkstein zutage. Zu nennen ist lediglich ein ca. 16 Meter langer Korridor, wobei zwei halbplastische Kobrafriese die hohe Qualität der Dekoration belegen. In einer benachbarten Höhle wurden vermutlich in spätrömischer Zeit ca. sechs Individuen auf ärmliche Weise bestattet. Eine weitere kleine Höhle wurde zu einem fast kreisrunden Raum ausgebaut, der fundleer war und eine Eremitage gewesen s