Institut für Medienwissenschaft

13.10.2023

Prof. Dr. Anil Bhatti – Ein Nachruf

Am 11. Oktober 2023 ist Prof. Bhatti in Delhi gestorben.

Wir verlieren mit Anil Bhatti nicht nur einen verehrten Kollegen, sondern einen warmherzigen Freund und äußerst klugen Gesprächspartner, vor allem aber war er uns ein Vorbild, was wissenschaftliche Integrität, politischen Mut, Großherzigkeit und Humanität angeht. 
Er war Professor Emeritus am Centre of German Studies der School of Language, Literature and Culture Studies an der Jawaharlal Nehru University in New Delhi. Bhatti war ohne Zweifel einer der wichtigsten Germanisten in Indien. Er hat Generationen von Studierenden und späteren Kollegen und Kolleginnen geprägt. Von 1998 bis 2012 war er Präsident und seit 2012 Ehrenpräsident der Indischen Goethe Gesellschaft. 1971 hatte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München über Clemens Brentano promoviert und bewegte sich seitdem durch Europa, USA, Afrika und Südostasien. Besonders lange und gerne hielt es sich in Wien auf: Von 1996 bis 2001 war er Präsident des Instituts zur Erforschung und Förderung österreichischer und internationaler Literaturprozesse in Wien (INST). Weitere Stationen in Deutschland waren u. a. Tübingen, Konstanz, Berlin, Göttingen, Bielefeld und Göttingen.    
Bhatti wurde für seine Arbeiten zu Goethe, zur Romantik, zur Wiener Moderne und zur Kulturtheorie mit vielen hochrangigen Auszeichnungen geehrt. 2005 erhielt er das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und 2011 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse. 2021 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Zürich verliehen. Mit der Universität Tübingen verbanden ihn vielfältige Kontakte im Deutschen Seminar, aber auch im Englischen Seminar und im Institut für Medienwissenschaft. 2011 bekam er auf Betreiben des Deutschen Seminars von der Alexander von Humboldt-Stiftung die höchste Auszeichnung für internationale Wissenschaftler, den Humboldt-Forschungspreis, verliehen.   
Anil Bhatti hat mit dem Konzept der kulturellen Ähnlichkeit, die er den Vorstellungen von kultureller Differenz und Identität an die Seite und durchaus auch entgegenstellte, ein neues Paradigma in die Debatte über Globalität, Interkulturalität und Universalismus eingebracht: „Similarity – A Paradigm for Culture Theory“ erschien 2018 und wurde zu einer international beachteten Publikation.
Ihm ein ehrendes Andenken zu bewahren, bedeutet der Verständigung zwischen Kulturen, Religionen, Staaten und Menschen auch in schwierigen Zeiten immer und unter allen Umständen eine Chance zu geben. Wir, die Kolleginnen und Kollegen der Universität Tübingen, trauern um unseren Freund, der so gerne in unserer Stadt flanierte, die Bibliothek liebte, den Hölderlin-Turm und den langen Weg von Indien immer wieder nahm, um hier zu verweilen, zu denken, zu schreiben und sich auszutauschen.

Prof. Dr. Dorothee Kimmich (für das Deutsche Seminar)
Prof. Dr. Susanne Marschall und Prof. Dr. Klaus Sachs-Hombach (für das Institut für Medienwissenschaft)
 

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