15.02.2024

Die Verbindung zwischen Philosophie, Physik und Maschinellem Lernen

Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften fördert ein neues Projekt von Eric Raidl aus unserem Ethics and Philosophy Lab, in dem er Philosophie, Physik und Maschinelles Lernen miteinander verbindet. Die Förderung hat Raidl gemeinsam mit Miriam Klopotek vom Stuttgarter Exzellenzcluster SimTech eingeworben.

Miriam Klopotek und Eric Raidl

"Die Zusammenarbeit von Physik und Philosophie hat eine lange Tradition, die in den letzten Jahrzehnten etwas untergegangen ist", erläutert Eric Raidl. An diese Tradition möchten er und Miriam Klopotek anknüpfen und ihr eine neue Ausrichtung geben, um das künstliche Lernen besser und vielleicht auch einfacher zu verstehen. "Wir wollen also die Kräfte zwischen Physik und Philosophie neu bündeln", ergänzt Klopotek, "um das Problem unkonventionell anzugehen."

Seit 2002 finanziert die Heidelberger Akademie der Wissenschaften im Rahmen des WIN-Kollegs interdisziplinär ausgerichtete Projekte von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Sie eröffnet dadurch einen besonderen Freiraum für Forschungen und ermöglicht den Austausch mit Akademiemitgliedern. Die nun bereits 9. Staffel untersucht, ob, wie und warum die Reduzierung von komplexen Sachverhalten für wissenschaftliche Erkenntnisse notwendig ist und welche Folgen diese Komplexitätsreduzierung für das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft hat.

Das geförderte Projekt von Raidl und Klopotek greift diese Fragen hinsichtlich des Maschinellen Lernens auf und geht "auf die Suche nach erklärbarem und interpretierbarem Maschinellen Lernen mit Philosophie und Physik". Das Projekt, das im April 2024 starten wird und eine Laufzeit von drei Jahren hat, bietet zwei Forschenden die Möglichkeit, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Es soll im Rahmen des Ethics and Philosophy Lab des Tübinger Exzellenzclusters "Maschinelles Lernen: Neue Perspektiven für die Wissenschaft" bearbeitet werden sowie in Kooperation mit dem Interchange Forum for Reflecting on Intelligent Systems (IRIS) der Universität Stuttgart und der Platform of Reflection des Exzellenzclusters SimTech.

Algorithmen des Maschinellen Lernens durchdringen zunehmend den Alltag der Menschen und das öffentliche Leben. Sie treffen Vorhersagen, aber warum sie so und nicht anders entscheiden, bleibt oft schwer nachvollziehbar, sie sind gewissermaßen opak. Mit ihrem Projekt verfolgen Raidl und Klopotek das Ziel, zu verstehen, wie diese Opazität entsteht und wie man sie rückwirkend aufheben könnte. Dafür wollen sie anhand von Einsichten der Physik und anderer Theorien der Komplexität die Natur der (impliziten) Abstraktionen interpretieren, die Maschinelles Lernen an sich erzeugt. Ihre Arbeitshypothese ist, dass die Komplexität des Maschinellen Lernens und die Schwierigkeit, gewisse Komponenten des Lernprozesses zu verstehen, gemeinsam das Problem der Opazität hervorbringen. In diesem Sinne fordert eine Lösung nicht einfach "mehr Verständnis" oder "weniger Komplexität", sondern eine sinngebende Komplexitätsreduktion. Damit meinen Raidl und Klopotek adäquate Abstraktionen und nicht triviale Vereinfachungen, die einen wohlfundierten Verständniszugang gewährleisten. In ihrem Projekt werden sie Werkzeuge entwickeln, um die Komplexität der Algorithmen des Maschinellen Lernens auf neue Weise zu analysieren und sinngebende Reduktionen aus der Perspektive der Vielteilchenphysik und der Philosophie aufzufinden.

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