Uni-Tübingen

Nichts tun!

 

Nichts tun 
Nichts sein 
Selbst mit dem Gebet 
Läuft die Zeit davon 
Nur im Herbst eine Pflaume essen 
Eine gelbe oder eine blaue 

 
1975 - Herbert Achternbusch 
 
Nichts tun bedeutet, seine Wahrnehmung neu zu verankern hin zu dem, was sich tut. Es bedeutet sich auf Dinge einzulassen, die zunächst ereignislos oder unproduktiv scheinen mögen, in denen aber Vorgänge zu finden sind. Das Wirken in den Dingen der Welt finden und beobachten, Ereignisse jenseits von Sensationen, Unerhörtes erhören, Ungesehenes anschauen, Ungeschriebenes schreiben. 

Was sieht und hört man, wenn man nicht auf etwas gerichtet ist, wie formiert sich die Wahrnehmung, das Denken, die Sprache?  

In diesem Kurs wollten wir den „Beobachtungseros“ wecken, uns in einem zweckfreien, beobachtenden, wandelnd forschenden Schreiben üben, das Richtungswechsel von Umraum und eigener Stellung in der Welt erkundet, wider den Imperativ der Aufmerksamkeits- oder anderer Ökonomien und wider dem Nützlichen und dem ständigen Verfügbarkeitsanspruch. 
 
In kleinen Exkursionen erkundeten wir – gemeinsam mit Student*innen der Bauhaus-Universität-Weimar – das Tübinger Umland. Wir liefen, wir verweilten, wir beobachteten. Wir schrieben ohne Auftrag, über das, was wir sahen, was wir wahrnahmen, schmeckten, hörten oder rochen. Wir schrieben uns in die Wahrnehmung ein, wir schrieben die Wahrnehmung ab, wir schrieben die Wahrnehmung um.  

Wir befragten das Nichtstun!

 

Wie entsteht Leere in einem Text?
Kann mensch Leere schreiben? 
Ist Nichtstun die Voraussetzung allen Tuns? 
Woher kommt der*die innere Zensor*in? 
Woher kommt der unaufhörliche Leistungsdruck?  
Was will ich erzählen, wenn ich nichts erzählen muss? 
Wie funktioniert Kreativität? Ist es das Schaffen aus dem Nichts? 
Wie funktioniert Autor*innenschaft? Was ist das eigentlich? 
Was ist eine eigene Sprache? Was ist meine eigene Sprache? Was ist das eigene in der Sprache?
Ist das Nichts überhaupt denkbar? Fehlt uns ein Begriff? Scheitern wir an dem Begriff Nichts? 
Wo ist der Übergang vom Tun zum Nichtstun und umgekehrt? 
Warum haben wir so viel getan, obwohl wir nichts getan haben? 
Wenn die Antwort auf etwas tun („Was tust Du oder was hast Du getan“) zu offensichtlich ist, wird es zum nichts / Nichtstun? 
Was ist etwas tun? 
Was sind Werkzeuge für Reflexionen? 
Wie politisch ist es nichts zu tun?  Ist es vielleicht das radikalste Tun der Gegenwart? Ein Tun der Folgenlosigkeit?