Juristische Fakultät

07.02.2024

Examensfeier der Juristischen Fakultät – Landesbeste kommt aus Tübingen

Im Rahmen der Examensfeier am 07.02.2024 wurden den Absolventen und Absolventinnen der ersten juristischen Staatsprüfung der Herbstkampagne 2023 die Examensurkunden überreicht. Mit einer Gesamtnote von 14,99 Punkten wurde die Tübinger Absolventin Greta Ratsch zugleich als beste Tübinger Kandidatin und als Landesbeste ausgezeichnet. Den Festvortrag hielt der Promotionsjubilar Prof. Wolfgang Zeh zu dem Thema „Parlament, Parteien, Populismus – der Deutsche Bundestag im Krisenmodus?“.

Nach einem musikalischen Auftakt begrüßte Prof. Jens-Hinrich Binder, Dekan der Juristischen Fakultät, im Festsaal neben den Examinierten auch die Kollegen und Gäste im Namen der Fakultät. Ein herzliches Willkommen richtete er auch an die zahlreich erschienen Jubilare der Silbernen und Goldenen Promotion, die für die besondere Ehrung den Weg zurück an die Alma Mater gefunden hatten.

Prof. Binder gratulierte den Examinierten, die er persönlich als ausgesprochen diskussionsfreudigen und engagierten Jahrgang erlebt habe, zu den in diesem Jahr besonders erfreulichen Ergebnissen. Die Examensergebnisse seien für die Fakultät nicht nur eine Bestätigung für das Engagement der letzten Jahre, sondern auch Ansporn für die Zukunft.

Auch die Präsidentin des Landesjustizprüfungsamtes Sintje Leßner gratulierte den Examinierten zu ihrem Erfolg, der in Tübingen über dem Landesdurchschnitt lag.

Einen besonderen Dank richtete Leßner in ihrem Grußwort an die Professoren, Eltern, Partner und Freunde, die die Examinierten auf dem Weg zum Examen begleitet haben. Dieser Weg habe die Absolventen und Absolventinnen nicht nur zu fachlichem Wissen verholfen, sondern auch das kritische Denken geschärft und die eigene Meinungsbildung verbessert. In Zeiten, in denen Diskussionen verbissen geführt und keine Kompromisse mehr gesucht würden, seien diese Qualitäten nicht nur Privileg, sondern auch Auftrag.

Anschließend gewährte Leßner dem Publikum Einblicke in die statistische Notenverteilung und die Themen der verschiedenen Examensklausuren. Die Ansprüche an die Kandidaten und Kandidatinnen seien zwar sehr hoch, aber der großen Verantwortung, die mit juristischen Berufen einhergehe, angemessen. Eine Absenkung der Anforderungen sei somit nicht die richtige Wahl, um die Attraktivität des Studiums zu erhöhen. Mit einem Ausblick auf das für die Absolventen und Absolventinnen bevorstehende Referendariat rundete Leßner ihren Vortrag ab.

Im Anschluss referierte der Promotionsjubilar Prof. Wolfgang Zeh in seinem Festvortrag zum Thema „Parlament, Parteien, Populismus – der Deutsche Bundestag im Krisenmodus?“. Prof. Zeh wurde 1972 an der Eberhard-Karls-Universität zum Dr. iur. promoviert, habilitierte sich an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, wo er auch lehrte, und war von 2002 bis 2006 Direktor beim Deutschen Bundestag. Zu Beginn seines Vortrags beschrieb er die Zeit, zu der er promovierte und das Grundgesetz noch relativ jung war. Das heutige Staatsverständnis sei damals nicht selbstverständlich gewesen. Der Kalte Krieg oder auch beispielsweise die RAF hätten zu einem jahrelangen Krisenmodus geführt, der für viele auch eine Verfassungs- und Staatskrise dargestellt haben soll. Der Parlamentarismus, wie er im Grundgesetz festgeschrieben ist, sei angezweifelt worden. Diese Zweifel bestünden bei einigen auch heute wieder. Blicke man beispielsweise auf die Wahl des Wortes „Krisenmodus“ zum Wort des Jahres 2023, so werde einem klar, dass die Krisenwahrnehmung sich wieder zuspitze. Eine wichtige Rolle schob Prof. Zeh dabei den Medien zu. Der inflationäre Gebrauch des Wortes „Krise“ durch die Medien führe nicht nur zu allgemeiner Verunsicherung, sondern auch zu einem verstärkten zeitlichen Handlungsdruck für die Politik.

Deshalb sei es wichtig zu bedenken, dass angeregte Debatten und Streitkultur im Parlament nicht gegen, sondern für eine funktionierende Demokratie sprächen. Ein Ausnahmemodus sei im Parlament daher nicht festzustellen. Der Bundestag dürfe sich in einer durch die Medien ausgerufenen „Krisensituation“ also nicht ermutigen lassen, Aufgaben abzugeben und bei Forderungen nach „Machtworten“ oder nach einer „Erklärung zur Chefsache“ nachzugeben. Der Untergang des Parlamentarismus sei folglich damals wie heute nicht in Sicht.

Nachfolgend sprach Studierendensprecher Nikita Estreich den Examinierten im Namen der Studierenden und der Fachschaften Glückwünsche aus. Zudem bedankte er sich bei den ehemaligen und nun frisch examinierten Fachschaftsmitgliedern für ihr jahrelanges Engagement.

Dem schloss sich nach einer weiteren musikalischen Darbietung die Übereichung der Urkunden zur Silbernen und Goldenen Promotion an. Unter den 33 anwesenden Promotionsjubilaren befanden sich neben Prof. Zeh auch Dr. Andreas Singer, Präsident des Oberlandesgerichts Stuttgart, und Emeritus Prof. Hans-Jürgen Kerner.

Ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltung war die erstmalige Verleihung des Promotionspreises der Schürnbrand-Stiftung. Der Promotionspreis wird zu Ehren des im Jahr 2016 verstorbenen Prof. Jan Schürnbrand, geb. 1972, verliehen, der von 2012 bis zu seinem Tod den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht und Rechtsvergleichung in Tübingen innehatte. Diesjährige Preisträgerin ist Dr. Nora Klusmann mit ihrer Dissertation zum Thema „Nachweisschwierigkeiten im Kartellschadensersatzrecht“.

Im Anschluss erfolgte die Überreichung der Examensurkunden an die 117 Tübinger Absolventen und Absolventinnen. Eine besondere Ehrung erfuhr dabei Greta Ratsch, die mit einer Gesamtnote von 14,99 Punkten nicht nur Landesbeste wurde, sondern auch den Examenspreis der Juristischen Gesellschaft Tübingen erhielt.

Zum Abschluss der Veranstaltung zeigte das Streichtrio, bestehend aus Maurizio RuoffSebastian Fetzer und Anne Mauz, ein letztes Mal sein musikalisches Talent, bevor alle Geehrten und Gäste bei einem Sektempfang in der Wandelhalle auf die erreichten Erfolge anstoßen und auf gemeinsame Erinnerungen zurückblicken konnten.

Text: Laura Anger

Fotos: STUDIO PHOTO SCHNEIDER

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