Universitätsbibliothek

Das Rettungsbuch von Johann Heinrich Moritz von Poppe

„Wir mögen uns befinden, wo wir wollen, unter Dach oder unter freiem Himmel, im Hause oder auf der Straße, auf dem Felde oder im Walde oder auch zu Schiffe auf dem Wasser, so können plötzliche Lebensgefahren auf uns einbrechen, wovon wir ganz kurz vorher noch keine Ahnung hatten. In dem einen Augenblicke können wir noch gesund und frohen Muthes, in dem andern durch irgend einen unerwarteten Vorfall entweder schon getödtet oder am Leibe beschädigt seyn. […] Wenn wir die Vernunft, welche Gott uns gegeben hat, immer richtig anwendeten, wenn wir bei manchen unserer Geschäfte, bei unseren Zerstreuungen und Vergnügungen aufmerksamer auf uns selbst, auf unsere Umgebungen und auf die Beschäftigungen anderer Menschen wären, so würde des Unglücks auf Erden viel weniger seyn.“

Johann Heinrich Moritz von Poppe wurde 1776 in Göttingen geboren. Sein Vater war Universitäts-Mechanicus, die Familie kinderreich und das Geld ständig knapp. Poppe half schon früh in der Werkstatt des Vaters mit, deren einträglichstes Geschäft die Reparatur von Uhren war. Gerne hätte Poppe nach der Schule Mathematik studiert, aber die finanzielle Situation und eine Erkrankung des Vaters ließen dies vorerst nicht zu. Erst 1794, als alle jungen Männer ab 17 Jahren außer den Studierenden zum Militär eingezogen wurden, immatrikulierte sich Poppe in Göttingen und studierte Mathematik und Physik bei den großen Gelehrten Abraham Gotthelf Kästner und Georg Christoph Lichtenberg, sowie Technologie und Staatswirtschaft. So konnte Poppe weiterhin nebenher in der Werkstatt seines Vaters arbeiten. Ein Bekannter brachte ihn auf die Idee, Aufsätze für ein Magazin zu schreiben, wofür erfreulicherweise Honorare gezahlt wurden. Der Titel seines ersten Aufsatzes hieß „Über die Stellung und Regulierung der Uhren“. Sein erstes Buch „Versuch einer Geschichte der Uhren“ erschien 1797, und zwei Jahre später das zweibändige „Wörterbuch der Uhrmacherkunst“.

Poppe nahm außerdem an verschiedenen Preisfragen teil, so auch 1801 an der des mährischen Adligen und Philanthropen Leopold von Berchtold:  „Was für Maschinen und Erfindungen zur Rettung des menschlichen Lebens aus verschiedenen Gefahren sind bekannt, und welche verdienen vor anderen den Vorzug?“
Berchtolds eigener Bruder war unter sehr tragischen Umständen zu Tode gekommen. Poppe gewann das Preisgeld über 50 Dukaten und Berchtold ließ die Preisschrift auf seine Kosten drucken. Am Rettungswesen hatte Poppe ein starkes Interesse. In den Jahren 1805 bis 1839 erschienen vier umfangreiche Werke zu diesem Thema. Da er kein Mediziner war, lag sein Hauptaugenmerk auf der Verhinderung von Unglücken, und den Sofortmaßnahmen, um Personen aus der Gefahr zu retten, den Tod abzuwenden, und gesundheitliche Schäden zu minimieren. Dieses Ziel mußte ohne Gefährdung der rettenden Personen erreicht werden. Poppe beschrieb Hilfsmittel und Technologien für den praktischen Gebrauch. Auch der Einsatz von Elektrizität zur Wiederbelebung wird erwähnt.

Nach seiner Promotion 1803 ging Poppe als Lehrer für Mathematik und Physik nach Frankfurt, wo er die Gründung der „Frankfurtischen Gesellschaft zur Beförderung der nützlichen Künste und der sie veredelnden Wissenschaften“ nach Hamburger Vorbild initiierte. Ein erstes Projekt der Gesellschaft war eine Sonntags- und Feiertagsschule für Lehrlinge und Gesellen, damit sie „die gehörigen Vorkenntnisse zu ihren Fächern und eine weitere Ausbildung in dem bereits Erlernten erlangen“. 1818 erhielt Poppe den Ruf nach Tübingen als Professor für das Fachgebiet „Technologie“ an der neu eingerichteten „Staatswirtschaftlichen Fakultät“ als Vorläuferin der heutigen Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät.

Poppe schrieb und veröffentlichte zahlreiche Werke zu diversen technologischen Themen, allerdings nicht für ein wissenschaftliches Fachpublikum. Es handelte sich weniger um seine eigenen originären Forschungsergebnisse, sondern um populärwissenschaftliche Darstellungen und Zusammenfassungen für ein breites Publikum, womit er unter seinen Kollegen nicht unbedingt Anerkennung fand.

Literatur und Quellen

ACHTUNG:
Das Rettungsbuch von Johann Heinrich Moritz von Poppe ist im frühen 19. Jahrhundert erschienen! Vieles entspricht nicht dem heutigen Wissensstand. Um sich und anderen in Notfällen richtig zu helfen, ist ein aktueller Erste-Hilfe-Kurs eine super Sache!